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Convento dos Capuchos

Ein britisches Pärchen, Jayne und James, ist aufgetaucht. Wir unterhalten uns am Feuer, verstehen uns gut. Sie fragen mich, ob sie mir Bescheid sagen sollen, wenn sie irgendwohin fahren, dann könnte ich mitkommen oder sie setzen mich irgendwo ab. 

Heute bin ich deshalb früher aufgestanden als sonst, damit ich mich mit ihnen zum Convento dos Capuchos, sie nennen ihn Convento dos Cappuchino - größtenteils, weil sie auf dem Weg unbedingt noch einen Espresso trinken wollen. Aber bevor wir losgehen, fragen sie mich, ob ich mit ihnen Meditieren möchte. Warum nicht. Ich zeige ihnen den Teich und wir machen eine angeleitete Meditation von Youtube. Die Stimme, die aus dem dem Smartphone kommt hat einen netten indischen Akzent. Sie hält uns dazu an, uns bewusst zu machen, wie unsere Hände sich anfühlen, unsere Stirn, der Scheitel, der Rücken, die Beine. Wenn wir Schmerzen haben, dann sollen wir uns das bewusst machen. Ich spüre, dass meine Hüftgelenke extrem angespannt sind. Wenn wir uns nicht richtig konzentrieren können, das aktive Wahrnehmen Schwierigkeiten macht, dann sollen wir einfach wahrnehmen, dass es Schwierigkeiten macht. Mir fällt es relativ leicht. Als ich nach 10 Minuten die Augen öffne, hatte ich kurz vergessen wo wir sind. Es hat mir gut getan, vermutlich werde ich jetzt öfter meditieren.

 

Wir fahren los, ich fühle mich fast wie früher als Kind, sitze hinten im Auto, schaue raus und lausche der Konversation vorne. Wir halten in einem kleinen Ort und trinken Espresso und essen Pasteis de Nata mit Zimt. Die Unterhaltungen machen Spaß. Mal geht es um Sprachen, wie man Sprachen lernt, mal um die beiden Gehirnhälften, visuelles Vorstellungsvermögen, wie unser Gedächtnis funktioniert oder darum wie man das Gute im Schlechten finden kann. Sie klettern und bouldern, es überrascht mich nicht. 

Ich lerne, dass sie zu Hause vegan leben, aber hier eher vegetarisch, weil es einerseits schwierig ist, aber andererseits glaube ich auch, dass sie es einfach ein bisschen genießen. Sie schwärmen vom portugiesischen Kaffee, im Gegensatz zu britischen Verhältnissen, gut und preiswert. Es stimmt, ich zahle für uns alle, weil sie mich ja schon herumfahren und zahle für zwei Espresso doppio, einem normalen und drei Pasteis de Nata nur 5,50 €. 

Convento dos Capuchos

INWORK gerade etwas faul

Türen so niedrig zu den kleinen Schlafkammern, in denen man sich kaum ausstrecken kann, weil die Bewohner sich for Gott verbeugen sollen, also verbeugend durch die Türen gehen.

Eremit in winziger Höhle, aber mit fantastischem Ausblick. Häuser in große Felsen hineingebaut. Philosophie wenig Spuren auf der Erde zu hinterlassen. Korkbänke, Fenster, Türrahmen, Schöne alte Bäume, ruhige Atmosphäre

Wir waren ganz alleine dort, außer uns niemand zu sehen.

Spaziergang durch den Wald - Naturschutzgebiet Sintra Berge, Eukalyptos, Felsen, Physalis, Pilze, Ausblick auf das Meer und auf Lissabon

 

Abstecher zu Lidl - schicker als in Deutschland, andere Auswahl, immer interessant in einen typischen Supermarkt zu gehen.

Abends im Haus finde ich Lukas und Mati vorm Feuer, ich machen mir Wraps, weil ich am verhungern bin und danach setzen wir uns alle an den großen Tisch und malen. Es kommen zwei Deutsche an und freuen sich sichtlich über die Atmosphäre, wie wir da sitzen und malen, Mati spielt interessante Musik über ihren Laptop. Sie schauen sich an was wir so machen und Leon ist so begeistert von meinen Nasenkreaturen mit Beinen, dass er meint er würde sich die so tätowieren lassen. Das freut mich natürlich und ich erzähle, dass es auf meiner Bucketlist steht, dass sich jemand eine meiner Zeichnungen tätowieren lässt und er das gerne machen kann. Das lässt er sich nicht zweimal sagen, holt sein Handy und macht Fotos. 

Es war ein unheimlich schöner Tag und obwohl ich in den letzten Tagen merke, dass meine Gesellige Phase eigentlich gerade etwas zurückgeht, war ich dann ja doch ziemlich viel unter Menschen.


Zufällige Situation ein paar Tage zuvor:

Ich bin im Coop und warte darauf, dass ich bezahlen kann. Ein unangenehmer Mann und eine vielfach operierte Frau sind vor mir an der Kasse. Wie sie aussieht widert mich an. Der Gedanke, dass sie diese ganzen OPs über sich ergehen lassen hat, um am Ende wie ein merkwürdiges Alien auszusehen, unecht und unnatürlich, es stößt mich wirklich ab. Ich versuche dieses Gefühl loszuwerden, sie wirkt nicht unglücklich, wer bin ich, dass ich das so streng bewerte. Ich wende den Blick ab und bemerke eine Frau, die genau den Gesichtsausdruck macht, den ich bei dem Anblick des OP-Opfers unterdrückt hatte. Befremdet, abgestoßen, verständnislos. Ich muss unvermittelt lächeln und unsere Blicke treffen sich, sie versteht sofort, dass ich genau das gleiche denke, wie sie. Wir lachen uns an und ich freue mich irgendwie darüber - über diese gelungene nonverbale Kommunikation und das Einverständnis mit einer Fremden. 

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