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Ein Tag in Paris

Tag 7

Ich bin heute trotz Erkältung unheimlich viel gelaufen - frische Luft tut immer gut. Aber im Vergleich zu den sehr leicht bekleideten Parisern sah ich aus als würde ich den Mont Blanc besteigen.
Marlene in Mütze, Schal und Nase - im Hintergrund ein kleiner Eiffelturm.
Ich wollte eigentlich richtig, richtig früh aufstehen und das Erwachen der Stadt miterleben. Leider war die Nacht nicht so erholsam - Husten, laute Party unten, quietschende Betten und generelle Schlaflosigkeit. Ich habe ziemlich viel am Tigerbalsam geschnüffelt.
Trotzdem hab ich das Hostel um kurz vor 9 verlassen und bin bei blauem Himmel und Sonnenschein in den Jardin des Plantes gegangen und habe die drei restlichen Rosinenbrötchen gefrühstückt. 
Alle 4 Minuten rennt eine Gruppe Sportler vorbei.
Ich überlege in eins der Museen zu gehen, die an den Park angrenzen, aber finde, dass das Wetter zu gut ist, um sich so früh schon drinnen aufzuhalten. Also laufe ich einfach los. Grobe Richtung soll das Centre Pompidou sein, das hatte ich gestern nur knapp um eine Ecke herum gesehen und will es heute noch einmal richtig bestaunen.
Ich laufe an Notre-Dame vorbei - es ist spannend die Verschmelzung des alten Gebäudes mit den vielen Stützen und Gerüsten zu sehen. 
Das Centre Pompidou ist cool. Es macht einfach Spaß hinzuschauen. Reingehen wollte ich nicht, das sah irgendwie kompliziert aus - mit Schleuse wie im Flughafen. 
Eine kleine Pause in einem Café. Ich bestellte einen Café Lait und die Bedienung fügte gnädig das Au noch ein. Ich blieb eine kleine Weile und zeichnete einen Denker in der anderen Ecke des Ladens. Mir gefallen einfach Menschen, die mit Stift und Papier irgendwo sitzen und denken. Immer mal wieder ist ein Gedanke gut genug, um aufgeschrieben zu werden.

Montmartre

Zwischendrin war ich noch kurz beim Gare du Nord und habe den Sitzplatz für morgen reserviert. Online auf keinem Portal möglich, aber beim Bahnhof kein Problem. 34 Euro - auch Geld, aber das ist mir lieber, als 3 Tage zu verlieren, die ich mit den normalen Zugverbindungen brauchen würde. So bin ich in 6h unten und ich freue mich riesig.
Nach dem Bezwingen des Montmartre wollte ich erstmal Mittagessen. Ein schwieriges Unterfangen, weil es so unheimlich viele schöne Cafés und Restaurants gibt - die meisten mit sehr schönen Schildern und Türen, danach entscheide ich sonst immer. Ich lief bestimmt an 8 passenden Lokalen vorbei und immer hielt mich etwas zurück hineinzugehen. Die Angst etwas falsch zu machen, falsch auszusprechen, jemandem den Teller vom Tisch zu fegen, wenn ich meine klobige Jacke ausziehe. Oder die Angst davor, dass ich einer Touristenfalle aufsitze oder das Prinzip mit den Plats du jour nicht verstehe, aber vor allem, dass mich keiner versteht. Dass ich heiser bin und extrem nasal spreche hilft meinem französisch überhaupt nicht und meinem Ego schon recht nicht. 
Aber die Rettung kam wieder in Form eines zu hippen Ladens. Es war ein Croque-Monsieur-Laden mit einem relativ jungen, englischbefähigten Kellner, außerdem sehr sympathisch. Ich war eine der ersten, aber schon bei mir hat er Gäste Tetris gespielt - und er war gut: Einige Tische hatte er innerhalb von zwei Stunden 3fach besetzt. Ich blieb einfach sitzen und schaute zu, wie die zwei Kellner mit dem Ansturm zu kämpfen hatten. Mehrmals wollte ich Platz machen und meinen Tisch freigeben, aber es war nie nötig. Da merkt man aber, dass ich nicht wirklich abschalten konnte. Ich aß ein Croque Monsieur mit Ziegenkäse, Zwiebeln und Honig - dazu gab es Salat und einen frisch gepressten Orangensaft mit Ingwer (gegen die Erkältung). Später noch ein Espresso, der mich richtig wachgeklatscht hat und weil ich dann immer noch nicht gehen wollte noch einen Tee. Ich malte ein, zwei alte Franzosen beim Essen und dachte darüber nach was ich noch machen will an diesem angefangenen Tag. Am liebsten einfach sitzen bleiben…
Ich entschied mich dann aber für den Eiffelturm. Der stand zwar nicht auf Papas Liste, aber irgendwie wollte ich den Eiffelturm nicht sausen lassen.
Ich bin mit der Metro bis zum Place de la Concorde gefahren und den Rest gelaufen, um dem Eiffelturm ganz langsam näherzukommen und die Dimensionen besser zu erfassen. Am spannendsten fand ich nämlich, wie der Eiffelturm sich in das Stadtbild einfügt und einfach fett hinter den Wohnhäusern thront.
Zurück im verwinkelten Hostel. Unten gibt es eine Art Gewölbekeller mit Küche - alles Edelstahl-Küchenmöbel wie in Restaurants. Der Innenhof und die Treppen sind spannend. Alles in allem richtig gut, auch die Lage. Nur der schwarze Schimmel in dem Bad zu unserem Zimmer müsste mal beseitigt werden. Und meine Mitbewohner haben die Heizung auf volle Pulle gestellt. Das hat mir auch nicht wirklich geholfen mit dem trockenen Hals. Wüstenfeeling.

Jetzt schlafe ich mal, morgen früh steige ich schon in den Zug nach Barcelona. :)

Paris - wie finde ich dich?

Hab mich fast wie zu Hause gefühlt - Atmosphäre sehr ähnlich zu Berlin. Mir gefällt dieses durchmischte “Volk” sehr gut. Viele unterschiedlich aussehende Menschen auf Augenhöhe.
Gleichzeitig wirkt es so, als gäbe es eine interessante Klassengesellschaft. Etepetete Adlige - so kamen mir ein paar Pariser*innen vor - mit Au Pair und Co - Hauptsache die Kinder sprechen 4 Sprachen. Ob das nur der Style oder auch die Lebenseinstellung ist, kann ich so schnell nicht einschätzen. Aber auch hier gilt die Regel, jeder zieht sich an wie er will. Der Grundton ist aber etwas eleganter. In einem Café hatte die Frau am Nachbartisch einen kleinen Hut mit Schleier auf und dazu passende Spitzenhandschuhe.
Viele Bettel- und Verkaufgangs, einige Bettler, teilweise sehr alt. 
Alte Menschen gehen am Stock, nicht am Rollator - selbst wenn sie beinahe zusammengefaltet sind. Das gefällt mir.
Ob es an der Krankheit liegt oder an der damit verbundenen Stimmung muss ich aber festhalten, dass ich keine besondere Liebe für Paris entwickelt habe in den zwei Tagen. Vielleicht ist es einfach eine Stadt, die man nicht alleine erkunden sollte. Ich kann mir vorstellen, dass ich mit einem gesunden Körper und bei etwas besserem/wärmeren Wetter den gleichen Zauber empfunden hätte, wie so viele vor mir. Wenn man um eine Ecke geht und plötzlich schon wieder vor einem schönen, alten Gebäude steht oder einem furchtbar alten Pariser mit Stock und Baguette - das hat mich in Momenten schon verzaubert, aber ich glaube ich war einfach zu kaputt, um den Zauber richtig zuzulassen.
Also ist Paris noch kein Sehnsuchtsziel - aber ich habe mir fest vorgenommen noch einmal wiederzukommen wenn das Wetter etwas angenehmer ist, um dann draußen zu zeichnen, zu wandeln, verweilen und beobachten. Und vielleicht einfach noch ein bisschen mehr Geld einpacken das nächste mal. Und das kulturelle Angebot habe ich ja noch nicht einmal angekratzt.

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